Active Sourcing: Alles was du wissen musst

Active Sourcing: Alles was du wissen musst

Was ist Active Sourcing?

Active Sourcing ist die Identifizierung und proaktive Ansprache von vielversprechenden Talenten zur Besetzung ausgeschriebener Stellen. Im Gegensatz zu Ausschreibungen auf Stellenbörsen und sonstigen passiven Recruiting-Kanälen, bei denen Bewerber auf das Unternehmen zugehen, geht im Active Sourcing das Unternehmen selbst aktiv auf potenzielle Bewerber zu. Dabei hat sich das Berufsbild des Active Sourcers herausgebildet, der diese Aufgabe für das Unternehmen übernimmt und aktiv mit potenziellen Talenten in Kontakt tritt.

Warum macht man Active Sourcing?

Es gibt verschiedene Gründe, warum es für Unternehmen Sinn machen kann, Active Sourcing als Recruiting-Kanal einzusetzen. Gerade für schwer zu besetzende Stellen mit speziellen Anforderungen ist Active Sourcing das Mittel der Wahl. Aber auch, um die Anzahl und die “Qualität” der Bewerbungen zu erhöhen. Mit Active Sourcing wird nämlich ein Pool an Talenten verfügbar, der sich selbst nicht bewirbt – die latent Suchenden. Latent Suchende sind nicht aktiv auf der Suche nach einem neuen Job, aber offen für eine neue Herausforderung. Die Motivation hierfür ist vielfältig. Manche können sich einen Jobwechsel gut vorstellen, weil ihre aktuelle Position sie nicht gänzlich erfüllt, andere sind daran interessiert, ihren Marktwert zu testen oder nutzen einen Wechsel als Karrieresprung. Die Gruppe der latent Suchenden entspricht etwa 60-70% der Erwerbstätigen, vergrößert deinen Pool an möglichen Talenten also enorm.

Warum solltest du Active Sourcing als Recruiting-Kanal in Betracht ziehen? Was sind die Vorteile dieses Kanals?

Vorteile von Active Sourcing

Neben dem erweiterten Pool von latent Suchenden, hast du mit Active Sourcing direkten Einfluss auf dein Recruiting-Ergebnis. Da du nicht dem Zufall überlässt, ob sich jemand bei Dir bewirbt, sondern aktiv auf passende Talente zugehst, richtet sich dein Erfolg nach deinen Aktivitäten. Du hast selbst in der Hand, wie viel du machst, was du machst und wie du es machst. 

Im Active Sourcing begegnest du Kandidaten außerdem im direkten Kontakt auf Augenhöhe. Während Kandidaten in passiven Kanälen hauptsächlich mit dem Unternehmen als Gegenüber konfrontiert werden, bist du das Gesicht im Active Sourcing. Der Kandidat wird von einer realen Person mit Namen und Bild angesprochen. Es ist eine Kontaktaufnahme zwischen zwei Menschen. Das hat eine andere Wirkung als die Anonymität zwischen Unternehmen und Kandidaten. Damit geht aber auch eine Verantwortung auf deiner Seite einher, da du den ersten Eindruck gegenüber dem potenziellen Kandidaten prägst. Dieser gilt sowohl für dich als Person, als auch für das ganze Unternehmen. Du repräsentierst in diesem Moment die Marke deines Auftraggebers. 

Durch den direkten Kontakt zwischen Dir und dem Kandidaten, gibt es in der Regel einen schnelleren und flexibleren Prozess. Nach einer positiven Rückmeldung deines Gegenübers, macht ihr i. d. R. direkt einen Telefontermin aus, um unverbindlich über die ausgeschriebene Stelle zu sprechen. Dies ist weniger ein klassisches Bewerbungsgespräch, wo der Bewerber Rede und Antwort steht, sondern ein gegenseitiges Kennenlernen. Hierbei liegt es eher an Dir, dem Kandidaten die Stelle zu präsentieren. 

Durch die Schnelligkeit und den direkten persönlichen Kontakt, kannst du beim Kandidaten einen positiven Eindruck hinterlassen und früh erkennen, ob ihr harmoniert. 

Im Active Sourcing bewirbt sich das Unternehmen beim Talent. Dies bringt eine gewisse Wertschätzung gegenüber der Person mit sich, die sich positiv auf den Einstellungsprozess und die spätere Zusammenarbeit auswirken kann. Der Kandidat fühlt sich gesehen und in seinen Fähigkeiten anerkannt. 

Und auch wenn für die ausgeschriebene Stelle kein finales Match zustande kommt, bleibt ihr i. d. R. vernetzt. Damit baust du ein Netzwerk an relevanten Kontakten für dein Unternehmen und dich selbst auf. Auf dieses kannst du immer wieder zurückgreifen und dich und dein Unternehmen bspw. durch Beiträge in Social Media regelmäßig in Erinnerung rufen.

Wo Vorteile sind, gibt es immer auch Nachteile. Was spricht gegen Active Sourcing als Recruiting-Kanal?

Nachteile von Active Sourcing

Active Sourcing ist teuer. Zum einen, weil es Know-How braucht, was du dir ggf. erst erarbeiten musst. Und zum anderen, weil es, trotz Know-How, äußerst zeitaufwendig ist. Es werden viele Stunden ins Land ziehen, um passende Talente zu identifizieren, ggf. mit dem Fachbereich zu reviewen, die Talente zu kontaktieren, nachzuverfolgen, Termine zu koordinieren und durchzuführen. Gleichzeitig benötigst du unter Umständen Tools, die dir den Zugang zu potenziellen Talenten ermöglichen. Das alles kostet Zeit und Geld. Nicht selten werden daher bereits Active Sourcer, als eigene Berufsgruppe, beschäftigt, oder auf freiberufliche Active Sourcer zurückgegriffen, die diesen Kanal bearbeiten. 

Active Sourcing ist außerdem ein Balanceakt zwischen Qualität und Quantität von Profilen. Im Active Sourcing hätten wir natürlich gerne beides. Viele Talente mit viel Qualität. In der Praxis erweist sich das aber eher als schwierig. Das kann stellenspezifisch damit zusammenhängen, dass der Arbeitsmarkt es einfach nicht hergibt. Es kann aber z. B. auch daran liegen, dass die Datenlage in den Profilen nicht ausreicht, um die passenden Talente überhaupt zu erkennen oder sie als Außenstehender richtig bewerten zu können. Damit steigt der Zeitaufwand, interessierte Talente zu finden. 

Ein weiterer Punkt ist erneut der erste Eindruck. Dieser kann, bspw. durch eine generische, langweilige Ansprache auch negativ sein. Damit kann man sich und sein Unternehmen auch schlecht gegenüber vielversprechenden Talenten dastehen lassen. Diesen Ruf im Einzelnen wieder aufzubauen, da das Talent perfekt passen würde, ist schwer bis unmöglich.

Wie macht man Active Sourcing?

Die Vorteile überwiegen die Nachteile und du willst mit Active Sourcing starten? Dann lasse uns im ersten Schritt klären, wie wir potenzielle Talente mit Active Sourcing Tools identifizieren können. 

Active Sourcing Tools

Active Sourcing findet überall dort statt, wo wir einschätzen können, ob eine uns fremde Person auf unsere Stelle passt. Das heißt, wir brauchen Daten. Wir müssen, je nach Anforderungen an die Bewerbenden, wissen, was sie machen und wie gut sie darin sind. Wenn du jetzt abends auf einer Party mit Freunden unterwegs bist und deine Freundin fragst, ob hier ein Softwareentwickler anwesend ist, sie dies bejaht und erwähnt, dass der Typ am Tresen Softwareentwickler ist, kannst du ihn natürlich ansprechen. Du hast jemanden erkannt, der potenziell auf deine Softwareentwickler-Stelle passen kann. Aber die Datenlage ist recht dünn. Nur weil er Softwareentwickler ist, weißt du noch nicht, was er genau macht, mit welchem Tech-Stack er gerne arbeitet oder wie viel Arbeitserfahrung er hat. Die Wahrscheinlichkeit, dass du deine Stelle durch diese eine Begegnung besetzen wirst, ist sehr gering. Im Prinzip hast du aber Active Sourcing betrieben. 

Um die Quantität und Qualität zu steigern, machen wir Active Sourcing vor allem online. Plattformen wie LinkedIn, XING, GitHub, Facebook, Twitter und Co. bieten uns einen Zugang zu Profilen. Die Datenlage ist hierbei unterschiedlich gut in ihrer Relevanz für unser Vorhaben. Während bei beruflichen Netzwerken wie LinkedIn und XING jobspezifische Daten abgefragt werden, sind Facebook, Twitter und Co. eher privater Natur. Für das Active Sourcing werden LinkedIn und XING daher bevorzugt. Je nach Berufsgruppe kann LinkedIn besser geeignet sein als XING und vice versa. Für jede der genannten Plattformen gilt jedoch, dass das Ausfüllen des Profils vom Nutzer abhängig ist. Er entscheidet, ob er mit einem gut ausgefüllten Profil gefunden werden möchte oder darauf verzichtet und unauffindbar bleibt. Wenig ausgefüllte Profile sind daher kein Zeichen von mangelnder Qualität. Dahinter können auch die perfekt passenden Talente stecken. 

Neben den sozialen Medien gibt es aber auch noch andere Datenbanken, in denen wir Active Sourcing betreiben können. So z. B. der Kandidatenpool des Arbeitsamts oder der verschiedener Stellenbörsen bis hin zu Nischen-Plattformen mit eigenem Active-Sourcing-Zugang. Es kommt immer etwas darauf an, für welche Stellen wir sourcen. Je nachdem bietet sich der eine Pool mehr an als der andere. Einen Softwareentwickler im Kandidatenpool des Arbeitsamts zu suchen, wäre aus meiner Sicht bspw. wenig produktiv. 

Wie identifiziere ich potenzielle Talente im Active Sourcing?

LinkedIn und XING bieten eigene Recruiting-Tools, mit denen die Plattformen durchsucht werden können. Das sind zum einen der LinkedIn-Recruiter und der LinkedIn-Recruiter-Lite und zum anderen der XING-Talentmanager. Sie bieten einen erweiterten Zugriff auf die Nutzerbasis mit zusätzlicher Suchmaske. Dabei arbeiten wir im Active Sourcing mit Booleschen Operatoren. Wie diese genau funktionieren, erkläre ich in einem separaten Artikel. Kurz gesagt erstellen wir einen Suchstring mit UND- und ODER-Funktionen, die unsere Anforderungen so kombinieren, dass wir die passenden Talente finden. 

Im Wesentlichen decken Suchstrings eine Keyword-Kombination aus Tätigkeit, Sprachkenntnissen und Ort ab. Wenn wir also beispielsweise einen Frontend-Entwickler in Stuttgart suchen, der Deutsch können sollte, wären unsere Keywords bei entsprechendem Tech-Stack: JavaScript, Vue, Deutsch, Stuttgart, plus ggf. weitere Tech-Begriffe, wie Frontend, weitere Libraries oder Frameworks.

Wie schreibe ich potenzielle Talente an?

Das Anschreiben ist der heilige Gral im Active Sourcing, denn du hast nur eine Chance. Eine Chance auf den ersten Eindruck. Eine Chance herauszustechen. Eine Chance auf ein Ja oder auf das Nein. Versetze dich dabei immer in dein Gegenüber. Gerade in der Berufsgruppe der IT bekommen Talente sehr viele Anfragen. Da wäre es kontraproduktiv die gleiche generische Ansprache zu machen wie jeder andere auch. Vermeide daher austauschbare und zu lange Texte, für die keiner die Zeit hat, sie durchzulesen. Halte dich kurz und präzise. Es geht am Ende um einen Opener, um in ein echtes Gespräch zu kommen. In diesem kannst du dann deinen Pitch einbauen, warum euer Unternehmen das beste ist und warum das Talent auf jeden Fall zu euch kommen sollte. Doch für die Ansprache reicht ein individualisierter Text, der auf das Profil eingeht und neugierig macht. Recruiting ist wie Dating. Du gehst ja auch nicht zu einem anderen Menschen hin, textest ihn voll, wie toll du bist und erwartest dann die Zusage zu einem Date, bevor dein Gegenüber die Gelegenheit hatte, auch einmal etwas zu sagen. Es geht um eine ehrliche Anfrage auf Augenhöhe. Wir wollen niemanden überrumpeln, zuspamen oder nerven. Du hast etwas anzubieten, du denkst, dass die Person passen kann und würdest gerne darüber sprechen. Das passt in eine 300-Zeichen-Anfrage bei LinkedIn. 

Dabei kannst du über den Text auch einiges rüberbringen. Zum Beispiel ob du duzt oder siezt, ob du förmlich oder locker schreibst, ob du ggf. sogar Smileys nutzt. Das alles kommuniziert und gibt einen Eindruck zu dir als Person und auch zu eurer Unternehmenskultur. 

Im Active Sourcing geht es um Quantität. Du wirst positive Rückmeldungen bekommen. Du wirst negative Rückmeldungen bekommen. Du wirst auch einfach keine Rückmeldungen bekommen. Das ist ganz normal. Nimm es nicht persönlich. Wir wissen nie um die wirkliche aktuelle Situation unseres Gegenübers. Und auch wenn mal eine sehr negative Rückmeldung kommen sollte, kommt sicher auch mal die, die sehr dankbar ist, dass du ihr geschrieben hast. Also bleibe einfach dran.

Active Sourcing Tipps & Tricks

Abschließend möchte ich dir noch drei Tipps mit auf den Weg geben.

Tipp 1: Weniger ist mehr

Wenn man Boolesche Operatoren baut, ist man schnell geneigt, alles verfügbare an Anforderungen mit reinzunehmen. Je mehr Keywords man jedoch reinnimmt, desto kleiner wird der Pool. Das kann für einen ersten Suchlauf auch passen. Aus meiner Erfahrung kann man die meisten Profile aber mit drei zentralen Keywords beschreiben. Der Pool wird dadurch sehr viel größer, da bspw. auch Profile berücksichtigt werden, die nicht so gut ausgefüllt sind. Bei diesem Ansatz musst du definitiv mehr Profile anschauen und aktiv lesen. Aber es lohnt sich. Die Details machen den Unterschied und dabei hilft eine breiter angelegte Suche.

Tipp 2: Filtere nicht nach Jobbezeichnungen

Nehmen wir an, du suchst einen Softwareentwickler. Du gibst “Softwareentwickler” als Jobbezeichnung ein und bekommst in Kombination mit deinem sonstigen Suchstring wenige Ergebnisse. Deine Zielgruppe kann in ihrer aktuellen Tätigkeit aber die Titel Engineer, Developer, Entwickler, Specialist, Consultant und viele mehr tragen. Hinter all diesen Titeln kann dein gesuchter Entwickler stecken. Jobbezeichnungen sind nicht allgemeingültig und von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Sie sollten daher nicht das zentrale Kriterium für deinen Suchstring sein. Wenn du die zentralen Keywords herausfindest, werden dir automatisch die richtigen Personen angezeigt. Und die, die mal nicht passen, kannst du gedanklich beiseite legen.

Tipp 3: Nutze Google als Sourcing-Kanal

Google ist ein mächtiges Werkzeug, wenn du wirklich verstehst, wie es funktioniert. Durch die Indexierung kannst du fast jede Seite im Internet auslesen. So auch LinkedIn und XING. Du kannst also ein kostenloses Sourcing-Tool verwenden, um deinen Pool zu erweitern oder dir die Kosten für Recruiting-Tools zu sparen. Natürlich muss man hier das Spielfeld kennen, auf dem man spielt. Wie das funktioniert, erkläre ich dir in einem weiteren Artikel.


Active Sourcing: Alles was du wissen musst

FAQ

Definition: Was ist Active Sourcing?

Active Sourcing ist die Identifizierung und proaktive Ansprache von vielversprechenden Talenten zur Besetzung ausgeschriebener Stellen.

Wie schreibe ich im Active Sourcing richtig an?

Das Anschreiben im Active Sourcing ist der erste Kontakt zum potenziellen Kandidaten. Dieses sollte sich individuell auf das Profil beziehen und auf ein persönliches Gespräch abzielen. Siehe dabei von ausschweifenden Texten und langen Signaturen ab.

Welche Tools gibt es im Active Sourcing?

Im Active Sourcing gibt es diverse Tools und Methoden. Zur Kandidatensuche bieten sich vor allem die erweiterten Funktionen von LinkedIn und XING, aber auch diverse andere Datenbanken, an.